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VPYNE0679.JPG

DR. ANGELIKA BURGER, 2012

Zur Malerei von Maria Wallenstål-Schoenberg

Die Farbe zum Sprechen bringen. Die Farbe sich ausdrücken lassen, als einzelne und im Zusammenklang mit den anderen. Das bedarf ein Hinzufügen und ein Hinwegnehmen. Das bedeutet einen konzentrierten Prozeß, ein Wachsam sein, ein Hinhören auf  den  Ausdruckswunsch der einzelnen Farbe, auf ihre höchst mögliche Daseinsrealität und gleichzeitige Einbindung in die Verantwortung der Gesamtklangfarbe.  

Wenn Klatschmohnorange und Apfelgrün mit Pfingstrosenrot in ihrer spezifischen Leuchtkraft und Glut aufeinandertreffen,wie reagieren sie, wie stehen sie zueinander, in welcher Weise muß verändert, abgewandelt, gesteigert, gedämpft werden? Das sind Fragen, die allein die Wirkungsmacht der Farbe betreffen. Hier sind  Aufnahmebereitschaft, Reaktionsfähigkeit, Mut und Unbeirrbarkeit im Handeln gefragt.  

Wenn Himmelblau und Blutorange mit Senfgelb auf kitthellem Grund als Rundformen aufeinanderstoßen, wie stellt sich hier das harmonische Gleichgewicht ein.  

Es geht um Gleichberechtigung und Selbstbehauptung. Um Gemeinschaft bei gewahrter Eigenständigkeit der Farben.

Wenn sich Goldlackgelb und Papajarot  mit Mandelbraun und Tongrau in prallrunden Formen zusammenfügen, wie sind hier die Farben zu gewichten, die Formgrößen zu wählen, die Wechselbeziehung mit dem Grund zu gestalten. Welche Farbakzente sind zu setzen und wo auf der Bildfläche zu positionieren.

Das sind Fragestellungen und Anforderungen, die sich während des Arbeitsganges stellen und sowohl intuitiv als auch aus der jahrelangen Erkenntnis der Farbcharaktere gelöst werden wollen. Entscheidend dabei ist das sichere Gespür für Farbqualitäten, für Farbtonhöhen und die spezifische Eigenhelle der Farben.

Himmelblau mit Pistaziengrün und gedämpftem Rotorange tönen zusammen mit zartem Rosenton und Weißlich. Kräftiger erklingt ein Erbsengrün mit der Steigerung des Orangerot zu gedämpftem Kirschrot, aufgelockert durch nuanciertes Weiß.  Das nicht deckungsgleiche Überlagern von spannungsreichen Nuancen des Farbwertes einer Rund- oder Rechteckform durch wiederholte Pinsel oder Spachtelarbeit - was besonders an den Rändern lebhaften Ausdruck gewinnt - verleiht der einzelnen Farbe eine unerhörte Steigerung ihres Ausdruckswertes, eine substantielle Dinglichkeit.

Der Farbwert konstituiert sich förmlich in einer ihm eigenen vitalen Lebendigkeit, resultierend aus ihn steigernden, belebenden Untertönen. Das Heraustreiben eines Farbwertes durch modulierende Schichtung als Malprozeß verleiht der Farbe eine aktive Rolle. Sie wächst förmlich aus sich selbst heraus, gestaltet sich in ihrer Farbkraft aktiv. Ähnlich dem mittelalterlichen Changeant oder der dreistufigen Farbmodulation–nach Licht-, Mittel- und Schattenwert entsteht der gesteigerte Schönheitswert eines Farbtons aus temperatur- und helligkeitsbedingten bzw. nachbarschaftlichen Farbtonvarianten, die sich hier gleich Lasuren übereinanderrlagern. 


Auch Monet kannte in seinen Bildern diese Farbtonsteigerung, diese Euphorie des gesteigerten Erlebens von Farbe und deren bildnerische Umsetzung. Ähnlich der mittelalterlichen Malerei Fra Angelicos stehen die Farben im Grad ihrer höchsten Sättigung und entsprechend ihrer spezifischen Eigenhelle in nachbarschaftlicher oder kontrastierender Beziehung, was den unerhörten Schönheitswert sowohl der Einzelfarbe wieder Gesamtfarbkomposition ausmacht. So kommt es in der Malerei Maria Wallenstål-Schoenbergs zu Nachbarschaften von modulierenden Werten wie Maisgelb, Orangerot, Kirschrot hin zu kühleren Tönen wie Geraniumrot, Malve, schärferem Magenta im Zusammenklang mit Terracotta, Braunrot und Tongrau. Diese warm leuchtenden Farben stehen zusammen mit kontrastierendem vitalen Apfelgrün, Maigrün, dunklerem Lauchgrün, Pistaziengrün und Oliv. Das entrückte Blau setzt als Himmelsblau, Aquamarin, dunklerem Kornblumen-, Rittersporn- oder Hyazinthblau bestimmende Akzente in der Gesamtkomposition der Bildfläche. 


Die unregelmäßigen, mitunter aquarellartigen Überlappungen der Farbformränder in ihrem abgewandelten Farbreichtum erinnern an das bildkonstituierende Gewebe aus farbigen „taches“, welche Paul Cézannes Bildsujets hervorbringen, „realisieren“. Was sich in den Bildern Maria Wallenstâl-Schoenbergs realisiert, ist die Farbe selbst, als Individualität, als Ausdruckskraft, in ihrer Prozessualität, als Erlebniswirklichkeit und als aktiver Partner in einer Gemeinschaft Gleichberechtigter. Aus der Erfahrung der mittels begradigter, flacher Konturen unterschiedlichen Ausmaßes miteinander Berührung aufnehmenden, sich tangierenden Rundformen  gestalten sich nun in den letzten zwei Jahren die großen Farbfeldbilder nicht mehr als Produkte von Teilungsgrößen der Bildfläche, sondern in eben dem Sinne als ein Austausch sich von Grund und Korrespondenzfläche eigenständig absetzender Farbformen bzw. Farbkörper. 


Begann Maria Wallenstål-Schoenberg ihre abstrakten Farbkompoitionen in schachbrettartiger Feldereinteilung, so kam sie über das freie Spiel sich begegnender, tangierender oder voneinander lösender Rundformen gleichsam zu einer Ausweitung dieser Formelemente hin zu großen, rechteckigen Farbformen, die sowohl eigenständig als auch in Spannung zueinander und zum Grund stehen. Farbränder definieren gleich bunter Lesezeichen oder Teppichkanten die vibrierenden Konturen der Farbfelder als transparente Farbüberlagerungen und Farbmischungen. An den Rändern sind die differenzierten Farbüberschneidungen und Mischungen ab lesbar, hier ist der Leinwandgrund als Spur offen gelegt, hier lösen sich die Farbflächen scheinbar minimal vom Grund. Aus dieser verdichteten, pulsierenden Farbfassung rührt gleichsam das Erleben von Farbsteigerung, von aktivierter Farbpotenz. Van Gogh wusste um diese Farbsteigerung und begrenzte seine leuchtenden Kompositionen mit dünnen, orangeroten Leisten, um eine „Art Wirkung wie von gotischen Kirchenfenstern“ zu erzielen.

In feinster, geglätteter Spachtelarbeit verdichtet sich eine Farbfläche zu gedämpftem Rotorange unter Mitwirkung von Safrangelb und Braunocker, im Austausch mit einer korrespondierenden Farbfläche von gedämpftem Graublau, modelliert aus Azur und Ocker. Das verhaltene Rotorange pulsiert durch seine Modulationen mit warmem Gelb, dunklerem Ocker und Spuren von Graublau je nach Lichteinwirkung und Standort des Betrachters. Der untere, dichte, graublaue Klang birgt kühleres Blau und helle Ockernuancen, die ihn dämpfen und zugleich formen. 


MariaWallenstål-Schoenberg arbeitet aus der Kenntnis von Farbzerlegung und optischer Mischung der Impressionisten als auch der gegenseitigen  Beeinflussung und kontrastierenden Wirkung der Farben, ihrer Interaktionen, wie sie von Johannes Itten und Josef Albers vorbildlich beschrieben und erprobt wurden. Sie wagt auch vitale Gegenüberstellungen von Knallgrün und Knallrot, in sich belebt durch feinste Nuancen von Gelborange, Karminrot und Blaugrün. In einem weiteren Hochformat bildet ein wie Blattgold wirkendes Orangegelb, aufsteigend aus Korallenrot und Violett, die obere Flächenform, gemäßigt durch sand- oder elfenbeinfarben in der Mittelzone, jedoch in kontrastierender, harmonischer Spannung zu einem großflächigen, komplementären Violett, das sich zudem über Pink und Blau in seiner Leuchkraft steigert.


In einem Querformat nun begegnen sich freudiges Orangerot und beglückendes Himmelblau als ebenbürdige Partner gleicher Sättigung, als homogene, in sich beschlossene, nuanciert modellierte Farbformen in Wechselwirkung. So sind die Bilder von Maria Wallenstål-Schoenberg Einladungen sich der Wirkungsmacht, der Schönheit der Farben und ihren Geheimnissen zu überlassen und mit ihnen in Austausch zu treten.


Dr. Angelika Burger

Juni 2012

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DR. ANGELIKA BURGER, 2012

Zur Malerei von Maria Wallenstål-Schoenberg

Die Farbe zum Sprechen bringen. Die Farbe sich ausdrücken lassen, als einzelne und im Zusammenklang mit den anderen. Das bedarf ein Hinzufügen und ein Hinwegnehmen. Das bedeutet einen konzentrierten Prozeß, ein Wachsam sein, ein Hinhören auf  den  Ausdruckswunsch der einzelnen Farbe, auf ihre höchst mögliche Daseinsrealität und gleichzeitige Einbindung in die Verantwortung der Gesamtklangfarbe.  

Wenn Klatschmohnorange und Apfelgrün mit Pfingstrosenrot in ihrer spezifischen Leuchtkraft und Glut aufeinandertreffen,wie reagieren sie, wie stehen sie zueinander, in welcher Weise muß verändert, abgewandelt, gesteigert, gedämpft werden? Das sind Fragen, die allein die Wirkungsmacht der Farbe betreffen. Hier sind  Aufnahmebereitschaft, Reaktionsfähigkeit, Mut und Unbeirrbarkeit im Handeln gefragt.  

Wenn Himmelblau und Blutorange mit Senfgelb auf kitthellem Grund als Rundformen aufeinanderstoßen, wie stellt sich hier das harmonische Gleichgewicht ein.  

Es geht um Gleichberechtigung und Selbstbehauptung. Um Gemeinschaft bei gewahrter Eigenständigkeit der Farben.

Wenn sich Goldlackgelb und Papajarot  mit Mandelbraun und Tongrau in prallrunden Formen zusammenfügen, wie sind hier die Farben zu gewichten, die Formgrößen zu wählen, die Wechselbeziehung mit dem Grund zu gestalten. Welche Farbakzente sind zu setzen und wo auf der Bildfläche zu positionieren.

Das sind Fragestellungen und Anforderungen, die sich während des Arbeitsganges stellen und sowohl intuitiv als auch aus der jahrelangen Erkenntnis der Farbcharaktere gelöst werden wollen. Entscheidend dabei ist das sichere Gespür für Farbqualitäten, für Farbtonhöhen und die spezifische Eigenhelle der Farben.

Himmelblau mit Pistaziengrün und gedämpftem Rotorange tönen zusammen mit zartem Rosenton und Weißlich. Kräftiger erklingt ein Erbsengrün mit der Steigerung des Orangerot zu gedämpftem Kirschrot, aufgelockert durch nuanciertes Weiß.  Das nicht deckungsgleiche Überlagern von spannungsreichen Nuancen des Farbwertes einer Rund- oder Rechteckform durch wiederholte Pinsel oder Spachtelarbeit - was besonders an den Rändern lebhaften Ausdruck gewinnt - verleiht der einzelnen Farbe eine unerhörte Steigerung ihres Ausdruckswertes, eine substantielle Dinglichkeit.

Der Farbwert konstituiert sich förmlich in einer ihm eigenen vitalen Lebendigkeit, resultierend aus ihn steigernden, belebenden Untertönen. Das Heraustreiben eines Farbwertes durch modulierende Schichtung als Malprozeß verleiht der Farbe eine aktive Rolle. Sie wächst förmlich aus sich selbst heraus, gestaltet sich in ihrer Farbkraft aktiv. Ähnlich dem mittelalterlichen Changeant oder der dreistufigen Farbmodulation–nach Licht-, Mittel- und Schattenwert entsteht der gesteigerte Schönheitswert eines Farbtons aus temperatur- und helligkeitsbedingten bzw. nachbarschaftlichen Farbtonvarianten, die sich hier gleich Lasuren übereinanderrlagern. 


Auch Monet kannte in seinen Bildern diese Farbtonsteigerung, diese Euphorie des gesteigerten Erlebens von Farbe und deren bildnerische Umsetzung. Ähnlich der mittelalterlichen Malerei Fra Angelicos stehen die Farben im Grad ihrer höchsten Sättigung und entsprechend ihrer spezifischen Eigenhelle in nachbarschaftlicher oder kontrastierender Beziehung, was den unerhörten Schönheitswert sowohl der Einzelfarbe wieder Gesamtfarbkomposition ausmacht. So kommt es in der Malerei Maria Wallenstål-Schoenbergs zu Nachbarschaften von modulierenden Werten wie Maisgelb, Orangerot, Kirschrot hin zu kühleren Tönen wie Geraniumrot, Malve, schärferem Magenta im Zusammenklang mit Terracotta, Braunrot und Tongrau. Diese warm leuchtenden Farben stehen zusammen mit kontrastierendem vitalen Apfelgrün, Maigrün, dunklerem Lauchgrün, Pistaziengrün und Oliv. Das entrückte Blau setzt als Himmelsblau, Aquamarin, dunklerem Kornblumen-, Rittersporn- oder Hyazinthblau bestimmende Akzente in der Gesamtkomposition der Bildfläche. 


Die unregelmäßigen, mitunter aquarellartigen Überlappungen der Farbformränder in ihrem abgewandelten Farbreichtum erinnern an das bildkonstituierende Gewebe aus farbigen „taches“, welche Paul Cézannes Bildsujets hervorbringen, „realisieren“. Was sich in den Bildern Maria Wallenstâl-Schoenbergs realisiert, ist die Farbe selbst, als Individualität, als Ausdruckskraft, in ihrer Prozessualität, als Erlebniswirklichkeit und als aktiver Partner in einer Gemeinschaft Gleichberechtigter. Aus der Erfahrung der mittels begradigter, flacher Konturen unterschiedlichen Ausmaßes miteinander Berührung aufnehmenden, sich tangierenden Rundformen  gestalten sich nun in den letzten zwei Jahren die großen Farbfeldbilder nicht mehr als Produkte von Teilungsgrößen der Bildfläche, sondern in eben dem Sinne als ein Austausch sich von Grund und Korrespondenzfläche eigenständig absetzender Farbformen bzw. Farbkörper. 


Begann Maria Wallenstål-Schoenberg ihre abstrakten Farbkompoitionen in schachbrettartiger Feldereinteilung, so kam sie über das freie Spiel sich begegnender, tangierender oder voneinander lösender Rundformen gleichsam zu einer Ausweitung dieser Formelemente hin zu großen, rechteckigen Farbformen, die sowohl eigenständig als auch in Spannung zueinander und zum Grund stehen. Farbränder definieren gleich bunter Lesezeichen oder Teppichkanten die vibrierenden Konturen der Farbfelder als transparente Farbüberlagerungen und Farbmischungen. An den Rändern sind die differenzierten Farbüberschneidungen und Mischungen ab lesbar, hier ist der Leinwandgrund als Spur offen gelegt, hier lösen sich die Farbflächen scheinbar minimal vom Grund. Aus dieser verdichteten, pulsierenden Farbfassung rührt gleichsam das Erleben von Farbsteigerung, von aktivierter Farbpotenz. Van Gogh wusste um diese Farbsteigerung und begrenzte seine leuchtenden Kompositionen mit dünnen, orangeroten Leisten, um eine „Art Wirkung wie von gotischen Kirchenfenstern“ zu erzielen.

In feinster, geglätteter Spachtelarbeit verdichtet sich eine Farbfläche zu gedämpftem Rotorange unter Mitwirkung von Safrangelb und Braunocker, im Austausch mit einer korrespondierenden Farbfläche von gedämpftem Graublau, modelliert aus Azur und Ocker. Das verhaltene Rotorange pulsiert durch seine Modulationen mit warmem Gelb, dunklerem Ocker und Spuren von Graublau je nach Lichteinwirkung und Standort des Betrachters. Der untere, dichte, graublaue Klang birgt kühleres Blau und helle Ockernuancen, die ihn dämpfen und zugleich formen. 


MariaWallenstål-Schoenberg arbeitet aus der Kenntnis von Farbzerlegung und optischer Mischung der Impressionisten als auch der gegenseitigen  Beeinflussung und kontrastierenden Wirkung der Farben, ihrer Interaktionen, wie sie von Johannes Itten und Josef Albers vorbildlich beschrieben und erprobt wurden. Sie wagt auch vitale Gegenüberstellungen von Knallgrün und Knallrot, in sich belebt durch feinste Nuancen von Gelborange, Karminrot und Blaugrün. In einem weiteren Hochformat bildet ein wie Blattgold wirkendes Orangegelb, aufsteigend aus Korallenrot und Violett, die obere Flächenform, gemäßigt durch sand- oder elfenbeinfarben in der Mittelzone, jedoch in kontrastierender, harmonischer Spannung zu einem großflächigen, komplementären Violett, das sich zudem über Pink und Blau in seiner Leuchkraft steigert.


In einem Querformat nun begegnen sich freudiges Orangerot und beglückendes Himmelblau als ebenbürdige Partner gleicher Sättigung, als homogene, in sich beschlossene, nuanciert modellierte Farbformen in Wechselwirkung. So sind die Bilder von Maria Wallenstål-Schoenberg Einladungen sich der Wirkungsmacht, der Schönheit der Farben und ihren Geheimnissen zu überlassen und mit ihnen in Austausch zu treten.


Dr. Angelika Burger

Juni 2012

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